Montag, 6. Februar 2012

Die Freie Welt: Kevin Fuchs spricht Klartext bezüglich Rosenbrock!

Hört, hört:

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Ist Ihr Nachbar homophob?

Wenn Ideologen die Argumente ausgehen

Ihr Nachbar – der Mann, der links zwei Häuser neben Ihnen wohnt – ist ein homophober, frauenfeindlicher, männerhassender Nazi! Das glauben Sie mir nicht? Ihr Misstrauen ist gerechtfertigt, in der Tat weiß ich überhaupt nichts über Ihren Nachbarn. Gewiss könnte ich versuchen, es nur oft genug zu wiederholen. Das funktioniert zumindest bei den meisten Lügen hinreichend gut. Bei dieser Lüge allerdings kaum – warum? Nun, Schwulenfeind, Frauenfeind, Männerfeind, Nazi: Das sind ein paar hässliche Attribute zu viel – zu viel um wahr zu sein. Ich müsste schon mehr Fantasie aufbringen, um Ihnen diese Lüge als Wahrheit verkaufen zu können.

Mit einem missglückten, gähnend fantasielosen Versuch dieser Art belästigte uns jüngst die Heinrich-Böll-Stiftung unter dem Titel „Die antifeministische Männerrechtsbewegung“. Der unbedarfte Leser benötigt an dieser Stelle zunächst einige Erläuterungen: Der Feminismus galt lange unantastbar als eine der größten Menschenrechts-Bewegung. Seit einigen Jahren erstarken allerdings Gruppierungen, welche dem heutigen Feminismus Dogmatik, Gynozentrismus und Männerverachtung zur Last werfen. Sie nennen sich Männerrechtler, Maskulisten, Kontrafeministen oder – wer es gerne geradlinig und schnörkellos mag – Antifeministen.

Ihre Erscheinung ist so vielfältig wie ihr Repertoire an Forderungen: Ihnen geht es um Gleichberechtigung beim Sorgerecht. Sie kämpfen gegen Kindesentzug und Kindesentfremdung nach der Scheidung, wehren sich dagegen, ihre Vatergefühle an- und ausknipsen zu müssen wie eine Glühbirne. Sie argumentieren gegen einseitige Frauenförderung und Frauenquoten, verweisen auf Benachteiligungen von Jungen und Männern im Bildungssystem. Sie betrachten Frauenpolitik in Teilen als eine stupide Politik der Privilegierung unter dem Deckmantel der Gleichberechtigung. Sie prangern eine feministische Doppelzüngigkeit an, die zwar den neuen Mann will, Männern aber sogleich Larmoyanz unterstellt, sollten diese sich erdreisten, hier oder dort ob ihrer Menschlichkeit bedürftig zu sein.

Wer ein Axiom wie den Feminismus in Zweifel zieht, macht sich selbstredend verdächtig. Darum muss es nicht verwundern, dass diese männerbewegten Dissidenten den Argwohn jener auf sich ziehen, die um den Verlust ihrer Diskurshoheit fürchten müssen. In einer von der Heinrich-Böll-Stiftung veröffentlichten „Expertise“ will Hinrich Rosenbrock, 26 Jahre jung, der Welt die Männerbewegung erklären und stößt dabei auf ein für ihn unüberwindliches Problem: Die Männerbewegung existiert in dieser Form nicht – zumindest nicht so, wie Rosenbrock sie sich vorstellt. Man kann sagen, dass Kritik am Feminismus sich allerorten Gehör verschafft. Diese Erscheinung kann man grob in verschiedene Strömungen einteilen: Intellektuelle, Väter, Menschen aus der Sozialarbeit, der Therapeutischen Praxis, Kinder- und Jugendhilfe, um nur einige zu nennen.

Zugegeben, der Begriff „Maskulismus“ klingt nach einem Ismus, daran trägt aber allein das Wort, genauer gesagt sein letztes Silbenpaar Schuld und nicht das, was hinter dem Wort steht. Denn eine geschlossene, homogene Bewegung ist all dies keineswegs. Wozu auch? Die Antwort auf einen Ismus ist schließlich kein gegenteiliger Ismus sondern überhaupt kein Ismus. Daraus erklärt sich, dass die Männerbewegung in sich vollkommen heterogen ist. Letzteres hat Rosenbrock nicht übersehen, dennoch scheitert er mit seiner „Analyse”, da er krampfhaft versucht, einen Ismus zu entdecken, wo keiner ist. Es mündet dann in zwanghaftem Spekulieren und Mutmaßen, an dessen Ende die mehr als fragliche Erkenntnis steht, dass Männerbewegte irgendwie frauenfeindlich, homophob, rechtsradikal und seit neuestem auch männerfeindlich sind. Männerfeindlich sind die Maskulisten laut Rosenbrock, weil sie sich mit ihrer angeblich rückwärtsgewandten Haltung auch gegen emanzipierte Geschlechtsgenossen richten. Frauenfeindlich, männerfeindlich, homophob und rechtsradikal – da hat sich einer etwas, was er mangels Methodik nicht zu verstehen vermag, in den schlimmsten Farben ausgemalt und ein Phantom daraus gebastelt.

Rosenbrock hat wichtige Primär-Literatur nicht gelesen und wenn doch, hat er sie nicht verstanden. Mit leibhaftigen Vertretern der Männerbewegung – also solchen aus Fleisch und Blut – hat er sich erst gar nicht abgegeben. Er hat mit keinem von ihnen gesprochen. Stattdessen hat er sich vom Computer aus stumpfsinnig durch Internet-Foren und Blogs geklickt. Das Ergebnis mutet mehr als dürftig an. Das skizzierte Bild der Männerbewegung erscheint struktur-und zusammenhangslos, überzogen mit homophoben, frauenfeindlichen, männerfeindlichen, rechtsradikalen Karikaturen.

Wenn unsereins – als Kenner der Bewegung – Rosenbrocks Ergüsse erduldet, so fragt man sich: Über wen zum Teufel spricht er da eigentlich? Keiner von den Männerrechtlern, Maskulisten, oder wie man sie auch immer nennen mag, fühlt sich angesprochen. Und so kommt es, dass dieser Schabernack den „Betroffenen“ – sprich den angeblichen Homophobikern, Frauenfeinden, Männerfeinden und Nazis – kaum mehr als Spott und Häme entlockt. Ihre Kommentare finden sich allenfalls in der letzten Spalte ganz unten oder im hintersten Winkel eines Internetforums. Mehr Einsatz ist ihnen dieser Schmuddelschinken nicht wert. Das ist würdig und recht,  sie haben beileibe Besseres zu tun.

Dennoch erfreut mich dieses Werk, da es in nicht allzu ferner Zukunft ein glänzendes Zeitzeugnis ablegen wird. Denn so unbeachtlich sein Inhalt auch sein mag, so beachtlich ist doch der Umstand, dass es von der Heinrich-Böll-Stiftung derart aufs Podest gehoben wird. Und so mancher fragt sich: Ist das jetzt akademischer Standard? Ja, so ist es! Der Bologna-Prozess und die schleichende Erosion der Hochschulautonomie haben offensichtlich ihre Spuren hinterlassen. Dieses Werk ist eines von vielen Vorzeichen für den Niedergang der akademischen Klasse in diesem Land. Und eben diese scheint seit längerer Zeit nur noch jene Debatten zu führen, zu denen sie gerade noch fähig ist.

Und denken Sie immer daran: Ihr Nachbar – der Mann, der links zwei Häuser neben Ihnen wohnt – ist ein homophober, frauenfeindlicher, männerhassender Nazi!

(Zuerst veröffentlicht bei AGENS)

Weblinks:

Religiöse Schriften aus der Böll-Stiftung: Ode an den Feminismus

AGENS spottet über Rosenbrock-Expertise

Forscher über Männerrechtler: "Sie arbeiten gegen Männer" - taz.de

Die antifeministische Männerrechtsbewegung - Denkweisen, Netzwerke und Online-Mobilisierung - Eine Expertise für die Heinrich-Böll-Stiftung von Hinrich Rosenbrock

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