Mittwoch, 17. Juni 2009

Halbstarke im Rudel - eine Empirie jugendlicher Männlichkeit

Als ich letzten Freitag am Abend noch ein bisschen mit meinem Kumpel Zürich unsicher machen wollte, stiessen wir am See auf ein Rudel von mindestens zwanzig Halbstarken. Junge Männer um die zwanzig Jahre alt, hatten sich am rechten Seeufer versammelt. Da wir per Zufall in der Nähe waren und keine Berührungsängste mit hegemonialer Männlichkeit haben, setzten wir uns auf eine Bank in der Nähe. Diese Entscheidung würden wir später nicht bereuen, denn die folgenden Ereignisse waren nicht nur unterhaltsam, sondern auch äusserst interessant.

Die Idee uns mit angeheiterter Laune und mit dem mitgebrachten Bier dazu zu gesellen, liessen wir also zugunsten von mehreren lehrreichen und amüsanten Beobachtungen sausen.

Alkohol, Pfiffe und Rudeldynamik

Sie standen in mehreren kleinen Grüppchen dicht beieinander und mit Bierdosen und glühenden Zigaretten in der Hand. Ihrem Verhalten nach zu schliessen tranken sie sich für ein kommendes Ereignis schon mal warm, während sie noch auf andere warteten. In der Mitte der Menge standen mehrere schon angebrochene Sixpacks voll Bier mit aufgebrochenen Packungen Chips. Laut, wild und herausfordernde Blicke in alle Richtungen werfend, genossen sie ihren Abend am See.

Vereinzelt wurden gegenseitige Zeichen des Respekts ausgetauscht. Dabei schlägt der Eine mit der Faust auf die Herzbrustseite und streckt den Arm anschliessend zur Hälfte aus und formt mit Zeigefinger und kleinem Finger ein U aus der vorher geballten Hand. Diese Art Respekt zu bekunden, findet man nur unter jungen Männern.

Mit etwas Wohlwollen konnte man den Anlass als einen jugendlichen Picknick bezeichnen, wenn nicht die meisten Frauen schon dreissig Meter vor der Meute abrupt stehen blieben und rechtsumkehrt machten.

Zuerst war mir nicht so klar warum, doch als dann eine besonders mutige und attraktive Frau direkt neben der Bande vorbei lief, kam mir die Erkenntnis.

Nur Sekunden nachdem der erste Halbstarke einen Blick auf die wohlgeformten Rundungen der Frau geworfen hatte, drehte das restliche Pack fast schon synchron ihre Köpfe zu ihr um und begannen mit Pfiffen, eindeutigen Gesten, beherzten Griffen an das Gemächt und gegröllten Anmachsprüchen um ihre Aufmerksamkeit zu buhlen. Dieses Spielchen wiederholte sich sicher noch mindestens ein halbes Dutzend mal.

Dieser Anblick war in meinem Leben in letzter Zeit so selten geworden, dass ich mit einem wissenden Lächeln die Szenerie in Ruhe und von erhöhter, alles überblickender Position in vollen Zügen genoss. Denn wo sonst in dieser Gesellschaft wird man noch mit so ungebundener Männlichkeit konfrontiert?

Dabei war das Verhalten der jungen Männer so übertrieben und so bewusst lächerlich, dass man schon eher an Verhöhnung als an Verführung dachte. Es ging wohl eher um den Aufbau gegenseitigen Respekts und die Sammlung von Anerkennung, als um die Etablierung einer neuen zwischengeschlechtlichen Verbundenheit.

Denn sie mögen saufende Halbstarke gewesen sein, doch dumm und naiv waren sie sicher nicht. Jeder von ihnen wusste, dass er keine Chance bei dieser Frau hatte.

Der Bandenhäuptling und die Polizei

Man könnte diesen Mob als eine gefährliche, unberechenbare Ansammlung von hypertestosteronierten Männern bezeichnen. Doch im Verlaufe des Abends wurden wir eines besseren belehrt und verstanden, dass sogar auf einfachster Gruppenebene immer eine Art von Führung vorhanden war.

Dies wurde deutlich, als nach sechs oder sieben mal auffälligem und übertrieben sexualisierten Manövern bei vorbeilaufenden Frauen ab dem achten mal eine einzige Ruhe die Meute erfasst hatte. Da konnten von nun an die schönsten, blondesten, langbeinigsten und geilsten Frauen vorbeilaufen, es tat sich nichts in der Hose ähh Menge.

Warum sollten junge Männer unter sich plötzlich ihr Verhalten nach aussen hin radikal ändern, wenn nicht wegen einem beherzten Eingriff eines Bandenführers?

Dies wurde besonders deutlich, als eine Polizeistreife am Seeufer vorbeifuhr und vor den zwanzig Halbstarken anhielt. Die fuhren hier routinemässig durch, somit konnte es sich wohl kaum um einen Hilferuf gehandelt haben.

Genau wie bei den Frauen vorher, drehte sich die ganze Rotte den Ordnungshütern zu und begannen lautstark und aggressiv zu drohen und zu provozieren. Halbherzig verdeckte Mittelfinger und kampfbereite Gestik wurde zur Schau gestellt.

Ein Polizist öffnete die Seitentüre des Streifenwagens und schaute die Meute mit einem halben Lächeln und einem gezielten, auffordernden Blick an. Vermutlich gingen ihm gerade Jugenderinnerungen durch den Kopf, wer weiss?

Doch bevor die Lage eskalieren konnte, hörten wir mehrere laute und gebieterisch ausgesprochene Befehle ruhig zu sein und aufzuhören. Es war der schon vorher postulierte Bandenführer, welcher sich bisher im Hintergrund gehalten hatte und jetzt für alle ersichtlich in Erscheinung trat. Und wieder änderte die Gruppe radikal ihr Verhalten, indem sie ihre aufrührerischen Mäuler schloss und sich von den Bullen abwendete.

Mit einem zufriedenen Lächeln schloss der Polizist die Wagentüre und fuhr mit seinen Kollegen weiter. Denn wer wollte schon an einem strahlenden Freitagabend am See wirklich Ärger? Dafür war es noch zu früh.

Einsichten

Doch warum schildere ich euch dieses Erlebnis? Mir kamen im Nachhinein mehrere Erkenntnisse.

Diese Männer machten auf mich nicht den Eindruck, als hätten sie irgendwelche Probleme mit ihrer Männlichkeit oder mit dem Feminismus. Indem sie sich bis zu einem gewissen Grad gegen die gesellschaftliche Ordnung wenden und Frauen mehr verhöhnen als wirklich umgarnen, kapseln sie sich vom feministisch vergifteten Milieu ab und können somit ungehindert ihre Männlichkeit entfalten und entwickeln.

Zum anderen zeigte mir diese Erfahrung, dass jede Männergruppe klar strukturiert ist. Mag diese Struktur bei älteren und intellektuelleren Männer in den Hintergrund treten, so ist diese dennoch vorhanden. Nicht nur sorgt diese dafür, dass jeder seinen Platz kennt, sondern stellt auch sicher, dass eine gewisse Ordnung im Innern und nach Aussen aufrechterhalten wird.

Deutlich wird neben dem Abgrenzungsbedürfnis auch die Tatsache, dass viele junge erwachsene Männer sich am liebsten in homogenen Gruppen aufhalten und bewusst Frauen daraus ausschliessen. Auch die übertriebenen Reaktionen auf Frauen können somit mehr als ein Abwehrreflex denn als billige Anmache verstanden werden.

Wir können somit mehr von Männern und Männlichkeit draussen in der weiten Welt lernen, als wir je im stillen Kämmerchen durch Grübeln erfahren.

3 Kommentare:

Sophisticus hat gesagt…

"bewusst Frauen daraus ausschliessen" - das ist vollkommen zutreffend - aber man sollte das traditionelle Rollenverhalten der Frauen auch nicht vergessen.

Um es kurz zu sagen: Wenn Frauen bereit wären, für einen 20jährigen jungen Mann zu sorgen (finanzielle Unterstützung, Dach über dem Kopf, Krankenkasse bezahlen - also eine Rundumabsicherung), dann würde ein junger Mann dieses bestimmt vorziehen.

Es liegt also auch an dem weiblichen Verhalten, Männer nicht zu versorgen, dass junge Männer (die regelmässig kein oder nur ein geringes Einkommen haben) lieber unter sich sind.

Ich spreche ein bisschen auch aus Erfahrung. Irgendetwas muss Mann ja tun. Und wenn keine Frau Versorgerin spielen will, dann ist Mann halt ganz gerne unter Männern.

Das ist ein Indiz dafür, dass Männerseilschaften, Männerbünde, Männerfreundschaften nicht etwa aus Frauenfeindlichkeit (Patriarchat) entstehen, sondern aus schlichtem Desinteresse von weiblicher Seite aus. Frauen kümmern sich halt gerne um Kinder, nicht aber um erwachsene Männer.

Anonym hat gesagt…

Interessant zu lesen. :) Ja und man fühlt sich auch wohl so unter Männern.

Mühsam dauernd mit Frauen zu tun haben zu müssen und dauern zu zeigen das man Anmachen will und so weiter..

/ajk

Anonym hat gesagt…

My German is abominable,so please forgive my choice of English instead.

I just wanted to thank you for your diligence in advancing the cause of Men's Rights.

Danke,mein Bruder.