Sonntag, 13. Juni 2010

Den Feminismus begünstigende historische Entwicklungen

Die entscheidende Schwachstelle des Feminismus ist seine Legitimität. Diese Achillesferse wurde zwar in der Gegenwart schon häufiger getroffen und ausgiebig von Männerrechtlern und Maskulisten betont. Doch wie sieht es mit der historischen Legitimität des Feminismus aus?

Ist es wirklich der Feminismus, der für die Befreiung der Frau hauptverantwortlich ist? War es wirklich nur der Kampf der Feministinnen, welche der Frau Freiheit ermöglicht hat?

Wir werden im Kommenden sehen, dass viele feministisch okkupierte Errungenschaften nicht primär dem Feminismus zugesprochen werden können, sondern vor allem profunden sozialen Umwälzungen in den letzten 300 Jahren.

Das Prinzip sozialer Veränderung

Eine politische Forderung kann tausend Mal von hunderttausenden von Menschen formuliert werden, doch sie wird nicht erfüllt. Andere Ansprüche auf Veränderung müssen nur von einigen dutzend Menschen ausgesprochen werden und ihnen wird statt gegeben.

Dies mag dem äusseren Anschein nach primär an der Macht der agierenden Individuen liegen, doch der Hauptgrund liegt darin, inwiefern es sich eine Gesellschaft oder ein System als Ganzes leisten kann, bestimmten Änderungsvorschlägen nachzukommen ohne an Stabilität zu verlieren. Und auch die grösste individuelle Macht bewegt sich innerhalb der Grenzen, welche die kulturellen und technischen Sachzwänge einer Gesellschaft aufzwingen.

Dazu zwei Beispiele.

In Anbetracht der niedrigen durchschnittlichen Lebenserwartung, der hohen Kindersterblichkeit, der schlechten medizinischen und ernährungstechnischen Versorgung im Mittelalter war es unsinnig, Männer und Frauen zuerst zwölf Jahre schulisch auszubilden um sie anschliessend noch studieren und dann ein bisschen feiern zu lassen. Die mittelalterliche Gesellschaft konnte es sich somit nicht leisten, Männer und Frauen besser auszubilden und musste sie in einem Korsett religiöser Vorschriften festhalten, wollte sie überleben.

Gegen das totalitäre Regime der DDR haben über Jahrzehnte unzählige Menschen protestiert und demonstriert. Doch den Forderungen nach Demokratie nachzukommen, hätte den sicheren Untergang der sozialistischen Blutherrschaft bedeutet und somit setzte man alles daran, diese Forderung zu unterdrücken. Offensichtlich konnte es sich die DDR nicht leisten, diese Forderung zu erfüllen, ohne unterzugehen.

Sachlich betrachtet bedeutet dies für jede Art von sozialer Veränderung, dass die Forderung nach Veränderung an sich nicht unbedingt die Veränderung auslöst und durchführt, sondern die sich ändernden Sachzwänge und Umstände, die sich die Gesellschaft ausgesetzt sieht.

Erst als die Kindersterblichkeit gesunken und die Lebenserwartung gestiegen war, wurde eine längere obligatorische Schulbildung und ein Studium für grössere Menschenmassen für eine Gesellschaft erträglich.

Erst als die Sowjetunion als Ganzes endlich an ihrer wirtschaftlichen Irrationalität zerbrach, konnte der Forderung nach Demokratie in der DDR nachgegeben werden.

Beide Beispiele haben gemeinsam, dass eine politische Forderung losgelöst von der eigentlichen Erfüllung über Jahrzehnte existieren kann, ohne wirklich der entscheidende Auslöser sein zu müssen. Vielmehr sind es soziale Umwälzungen und Fortschritte, welche politische Forderungen begünstigen oder erschweren können.

Die Befreiung der Frau - und der Feminismus

Dieses Prinzip der sozialen Veränderung ist der Albtraum für jeden linken Revolutionär und das Hauptinstrument, mit dem wir die neuere Geschichte des Abendlandes und die Rolle des Feminismus darin neu betrachten müssen.

Feministische Forderungen sind relativ alt. Gleichzeitig war das Verlangen nach Befreiung der Frau von ihrer traditionellen Rolle nicht nur schon länger präsent, sondern wurde auch schon vor dem Auftreten des politischen Feminismus von Philosophen geäussert.

Doch wenn die Forderungen schon seit Jahrhunderten existierten, warum wurden sie dann erst im 20. Jahrhundert grossmehrheitlich umgesetzt?

Im Wesentlichen wurde die Befreiung der Frau durch drei grosse Umwälzungen vorangetrieben. Anschliessend wurden die Resultate dieser Entwicklungen feministisch besetzt und als hart erkämpfte Siege deklariert.

Soziale Umwälzungen und ihre Folgen

Den grössten Einfluss kann man folgenden Entwicklungen zuschreiben.

- Entwicklung einer fortgeschrittenen industriellen Wirtschaft:

Die Ansprüche einer industriellen Wirtschaft konnten nicht nur durch den Bau von Fabriken und der Massierung von Bevölkerung in Städten gedeckt werden. Unzählige neue Berufsgattungen wurden geschaffen, um den gesteigertern Verwaltungsaufwand zu befriedigen. Schreiberinnen, Sekretärinnen, Telefonvermittlerinnen, Fabrikarbeiterinnen, Lagerverwalterinnen und Lehrerinnen sind nur einige Beispiele für Berufe, die vorallem von Frauen ausgeübt wurden. Dies weitete sich während dem europäischen Bürgerkrieg noch weiter aus, als zu wenig Männer für die Fabrikarbeit zur Verfügung standen und Frauen deren Werktätigkeit übernehmen mussten. Bis vor kurzem hatten diese Berufe noch gar nicht in der Form und in diesem Ausmass existiert.

Dies führte natürlich auch dazu, dass Frauen mehr und besser ausgebildet werden mussten, um den Bedarf der Industrie nach qualifizierten Arbeiterinnen zu decken.

Dies brachte Frauen ein eigenes Einkommen. Dies bedeutete schon um 1900, dass wesentlich mehr Frauen unabhängiger von ihren Eltern und von Männern waren, als noch ein Jahrhundert zuvor. Dies erlaubte ihnen, die Ehe hinauszuzögern und aus der Tradition auszubrechen.

- Verhütungsmittel:

Was für uns heute als trivial erscheint, war im Verlaufe des 20. Jahrhunderts ein entscheidender Eingriff in das Leben unzähliger Frauen, die nun erstmals sexuelle Befriedigung ohne Angst vor Schwangerschaft und lebenslanger Ehe erleben konnten. Dies gab ihnen wesentlich mehr Kontrolle über ihr Leben und somit mehr Selbstbewusstsein.

- Technologische Fortschritte:

Viele Erfindungen erleichterten das Leben der Frauen erheblich und gaben ihnen mehr Zeit für politische Aktivität. Der Aufwand für den Haushalt wurde reduziert durch gepumptes Wasser, Gas fürs Kochen und Beleuchtung, später dann durch Elektrizität. Importierte Nahrung, besser prozessierte und haltbarere Lebensmittel reduzierten Kochzeiten. Bessere Waschmittel und leichter zu reinigende synthetische Fasern waren genauso segenreich wie Gaskocher, Vakuumstaubsauger und Waschmaschinen.

Dies erlöste die Frauen v0n der aufwendigen, mittelalterlichen Haushaltsarbeit und gab ihnen zusätzlich Freiheit.

Ein eigenes Einkommen, mehr körperliche Kontrolle über ihr eigenes Leben und mehr freie Zeit legten die Grundlagen für die wirtschaftliche und politische Integration der Frauen in die Gesellschaft.

Konsequenzen

Die Befreiung der Frau verlief wesentlich nüchterner und pragmatischer ab, als es viele Gutmenschen und Feministinnen heutzutage dramatisch inszenieren. Eine Personengruppe, die bisher aufgrund von körperlichen Zwängen und äusseren Umständen nicht im gleichen Ausmass wie Männer an der Gesellschaft partizipieren konnte, wurde erst durch den Fortschritt von ihren Fesseln erlöst.

Als erst die Grundlagen gelegt worden waren, konnten die alten Forderungen mit Hilfe der Männer umgesetzt werden. Dass sie nicht früher angegangen worden waren, lag nicht daran, dass ein ominöses "Patriarchat" die Frauen gefangen hielt, sondern dass die Umstände noch zu ungünstig waren.

Auf diesem Fundament konnte die Gleichberechtigung starten, die noch bis heute nicht vollständig und beide Geschlechter umfassend umgesetzt wurde. Weder waren Feministinnen die ersten und einzigen, welche die Befreiung der Frau forderten, noch waren sie die primären Auslöser für die gesellschaftliche Umwandlung.

Im Gegenteil. Sie kaperten den Prozess der fortschreitenden Gleichberechtigung und liessen ihn fortan einseitig nur noch zum Vorteil von Frauen und zum Nachteil der Männer laufen (darum heisst es heute auch Gleichstellung).

Es ist ungewöhnlich, wie viel später nach diesen entscheidenden Umwandlungen erst der institutionalisierte Feminismus in Hochschulen, Politik und Sozialeinrichtungen sich anschickte, sein Gift zu verbreiten.

Fazit

In Anbetracht der zweifelhaften historischen Legitimität des Feminismus kann man beruhigt sagen, dass männliche Leistungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik mehr für die Liberalisierung der Frauen getan haben, als die Feministinnen je tun könnten.

Für unsere Sache kann man aus diesen Entwicklungen konkludieren, dass die Forderung nach Abschaffung der Wehrpflicht an sich nicht den Erfolg bringen wird, sondern erst eine Veränderung der gesellschaftlichen Sachzwänge, zum Beispiel Sparzwänge - wie es im Moment in Deutschland diskutiert wird - wird dies ermöglichen.

Dennoch ist Widerstand nötig, um bei veränderter Sachlage die Relevanz der politischen Forderung zu unterstreichen und schlussendlich die Umsetzung zu unterstützen.


Die richtige Forderung benötigt die richtigen Umstände

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die Abschaffung der Wehrpflicht ist keine gute Idee, allein schon deswegen weil der EURO womöglich zusammenbricht, es noch ungeklärte Probleme wegen des 1 und 2 Weltkrieges gibt, wir agressive Islamisten in Europa haben die potenziell Kalifate ausrufen würden wenn die öffentliche Ordnung zusammenbricht und und und..

Auch der Unsinn das Frauen keine Kinder mehr bekommen müssen, wird sich bald erledigt haben.

Man sollte nicht vergessen das der massive Einfluss der Frauen im Versailler Hof ein massgeblicher Grund für die französische Revolution war. Diese dekandentierten den Hof stärker den je.. Unter anderem damit, das die Frauen keine Kinder mehr wollten und nur noch Sex hatten.

Am meisten hat übrigens der Kühlschrank zur "befreiung der Frau" beigetragen.

Christian hat gesagt…

Ich denke auch, dass die Gesellschaftsformen immer zu der Zeit und deren Fortschritt passen müssen. Das wird gerne übersehen. Allerdings ist natürlich die Frage, welche Gesellschaftsform gerade zu unserer Zeit paßt. Darüber kann man trefflich streiten.

Zeitraffer hat gesagt…

Die Ausführungen der selbstgerechten, selbstgefälligen und engstirnigen Feministen ist eklatant.
Die feministischen Gutmenschen stellen einfach Behauptungen auf die nicht mal ansatzweise evident sind.
Wenn Physiker schon vor langem die Absolutheit von Raum, Zeit und Materie zu Recht in Frage gestellt haben so kann man doch die Glaubwürdigkeit, die Unabhängigkeit und die Legitimität der Feministinnen erst Recht in Frage stellen, selbstverständlich.
>>
Man kann alle Leute einige Zeit zum Narren halten und einige Leute allezeit; aber alle Leute allezeit zum Narren halten kann man nicht. ( Zitat von Abraham Lincoln )

Gruß

Anonym hat gesagt…

Hallo Manifold,

sehr,sehr guter Text!!

Vielen Dank, Mo