Dienstag, 6. Oktober 2009

Ist doch nicht so schlimm!

Vor ein paar Jahren waren ein paar Kumpels und ich am Abend noch in unserer Mittelschule unterwegs, nachdem der tägliche Schülerstrom bereits versiegt war. Als wir am örtlichen Frauen-WC vorbei kamen, beschlossen wir rein aus Jux da mal reinzuschauen. Nach einigen flüchtigen Kontrollblicken in die Gänge schritten wir also hinein - und waren völlig überrascht.

Man muss dazu wissen, dass sich unser Männer-WC damals in eher schlechtem Zustand befand. Es wurde nicht allzu häufig geputzt und häufig waren sie von Defekten und abgenutztem Material betroffen. Ein hässliches Plättchenmuster (dunkelgrün), ein abstossend gefärbter Boden mit türkisfarbenen Trennwänden und völlig verkratzte, alte WCs rundete das unsympathische Loch ab. Das Lavabo war klein und hatte auch schon bessere Zeiten gesehen, Seife gab es selten und im mickrigen, rechteckigen Spiegel erkannte man sich auch eher schlecht als recht (wenn er überhaupt da war). Es dominierten die Farben Kackbraun, würgendes Dunkelgrün und Uringelb (die Beschichtung des Fensters als Sichtschutz).

Deshalb staunten wir nicht schlecht, als wir nun mitten im Frauen-WC standen, welche sich gerade einmal ein Stockwerk direkt über unserem Männer-WC befand. Der erste farbliche Eindruck war ein strahlendes Weiss mit einem Silberstich von den drei ovalen, edlen Spiegeln über den drei hellen Waschtafeln mit so schwarzen Verästelungen drin, welche rechts und links von Regalen gefüllt mit Necessairs (Kulturbeuteln) flankiert wurden. Die Trennwände waren in erstklassigem Zustand und hatten auch dieses Persilweiss an sich. Der Boden wies saubere, schöne und zum Gesamtbild passende Plättchen auf. Zwei Mülleimer, grosszügige Seifen- und Papierspender, Stangen für Handtücher und anderer Krimskrams rundeten das Bild ab.

Unsere Kiefer hingen runter, so sehr stach der Unterschied zwischen den beiden WCs ins Auge. Als konnten wir den Anblick und die unfreiwillig emfangene Offenbarung der Wahrheit ("Ihr Männer seid dies alles nicht wert!") nicht ertragen, waren wir nach einigen kurzen Augenblicken auch wieder draussen und redeten fortan kein Wort mehr darüber.

Hätte ich den penetranten Unterschied nicht mit eigenen Augen gesehen, würde es nicht glauben.

Ich schilderte unsere Erkenntnis dann meinen Eltern und die murmelten dazu nur, dass Frauen halt ein höheres Hygienebedürnis hätten.

Rechtfertigt das Marmorwaschtafeln, Regale für Necessairs, drei edle Spiegel und eine generell viel einladendere Atmosphäre als jene unseres Männer-WCs, das eher der Kloake einer italienischen Raststätte glich? Darauf wusste man keine Antwort.

Haben die Menschen das Gefühl, dass Männer etwa Tiere sind, die auch noch im grössten Dreck ihr Geschäft erledigen? Vielleicht haben sie gerade deswegen ein "kleineres Hygienebedürfnis", weil man nie auf ihre Hygiene Rücksicht genommen hat und wir uns an so ein Elend anpassen mussten? Schon mal so weit gedacht?

Von dieser unangenehmen Entdeckung erzähle ich immer jenen Leuten, welche das Gefühl haben, dass das mit dem Feminismus doch alles nicht so schlimm sei. Denn es zeigt sehr schön, wie das Wertgefälle sich im Alltäglichen subtil eingeschlichen hat, ohne dass es jemand gross mehr aufregen würde. Denn welcher Mann geht schon regelmässig aufs Frauen-WC und schaut da mal nach wie es dort aussieht?

Es ist somit das Gleiche wie bei der Geschlechterpolitik. Weil sich kaum Männer dafür interessieren, merken sie erst viel zu spät, dass sie systematisch verarscht werden. Während die Frauen also über die Politik Marmorwaschtische und Deluxe-WCs kriegen, dürfen wir Männer uns mit italienischen Verhältnissen anfreunden und die meisten empfinden das dann auch noch als normal!

Und das alles läuft dann unter dem Deckmäntelchen von "Gleichberechtigung" und Gleichstellung. Doch es sind die Details, welche den Sexismus dieser Politik offenlegen.

Und das zieht in unserer Gesellschaft Kreise bis zu den WCs in meiner Mittelschule.

Das moderne WC ist ein hochkomplexes System voller Tücken

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

schon sehr abwertend das ganze.. :/ Aber es sind auch oft Jungs die diese Klos kaputt machen.

So ist es halt im Moment. Das wird sich ändern.

/ajk

Michel hat gesagt…

Sehr merkwürdig. Ich habe schon von Frauen gehört, dass sie lieber auf Männertoiletten gehen, weil diese die saubereren wären.

schatten_rabe hat gesagt…

Ich bin Maler und Lackierer. Meine Firma ist jedes Jahr in den Schulferien in einem der größten Gymnasien in meiner Stadt am Arbeiten.
Die WC sind da jedes Jahr dran.
Meine Erfahrungen da, das für die Mädchentoiletten deutlich mehr Geld ausgegeben wird, das aber auch was die Zerstörungswut und die Verschmutzung angeht, die Mädchen wesentlich schlimmer sind als die Jungen.

Anonym hat gesagt…

An solch banalen Tatsachen lässt sich ablesen, dass an dem Mythos vom weiblichen Geschlecht als das edlere, sozial kompetentere, hygienischere nichts dran ist.

Was Mann und Frau angeht, ist alles genau umgekehrt, als es einem die Femis verkaufen wollen.

Michel hat gesagt…

@schatten rabe: Danke, das erklärt einiges.