Auch hochkarätige und sehr kompetente Printmedien müssen leider hin und wieder eine
journalistische Tauchfahrt unternehmen, um dem feministischen Zeitgeist und den politisch Korrekten zu gefallen. Dass dabei meistens nicht mehr als ein peinliches - und vorallem männerfeindliches - Sammelsurium von feministischen Dogmen und Halbwahrheiten zusammen kommen, die auch noch mit politisch korrekten Studien aus dem feministischen Elfenbeinturm der Geisteswissenschaften untermauert werden, ist dabei schon fast Ehrensache.
Die Angst vor der Gleichberechtigung
Warum biologische Erklärungsmuster in der Debatte um Geschlechterrollen wieder Zuspruch finden
Die Gleichberechtigung von Mann und Frau gehört zu den zentralen Prinzipien der modernen Gesellschaft. Doch gegenwärtig erleben wir einen Backlash: Die Biologie, so heisst es immer öfter, sorge für deutliche und weitreichende Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
Sieglinde Geisel
Welche Gleichberechtigung? Müssen Frauen etwa auch zum Militär? Sind sie etwa genauso häufig in den Todesberufen vertreten wie Männer? In den Bergwerken kilometertief unter der Oberfläche? Bei Bergeaktionen? Bei der Feuerwehr? Die Gleichberechtigung mag es für Frauen hier gegeben haben, aber für Männer gab und gibt es sie nicht! Doch das interessiert wohl unsere Sieglinde Geisel nicht. Die Geisel der feministisch korrekten Journaille ...
Es ist hart für viele Geisteswissenschaftler ihres Kalibers dies zu verstehen, doch die Natur, die Menschheit und mit ihr unsere Zivilisation basieren auf die naturwissenschaftlichen Gesetzesmässigkeiten und auf den biologischen Grundmustern. Wer sich weigert, dies zu akzeptieren, kann nicht ernst genommen werden. Punkt. Man diskutiert schliesslich auch nicht mit Leuten, welche die Existenz der Schwerkraft leugnen, oder?!
Geschlechterrollen sind dem Menschen nicht von der Natur vorgegeben. Sie gehören – wie das Geld, die Arbeit und vielleicht auch die Religionen – zu den kulturellen «Erfindungen».
Die Geschlechterrollen haben sich in den Millionen von Jahren (ur)menschlicher Entwicklung als die effizientesten und wirkungsvollsten Verhaltensmuster herauskristallisiert. Ohne sie hätte der Mensch den enormen Aufstieg aus der Steppe der Urzeit zur überlegenen Spezies unseres Planeten nicht geschafft. Diese Muster sind in unsere DNA eingebrannt, weil unsere Vorfahren sie brauchten und damit Erfolg hatten. Somit wurden sie nicht von der Natur gegeben, sondern als Reaktion auf die Natur entwickelt. Eine Feinheit, die viele Geistenswissenschaftler übersehen, wenn sie sich mit Evolutionsbiologie beschäftigen ...
Die Natur schenkt nicht, sondern sie nimmt! Und zwar diejenigen, welche schlecht angepasst sind und lässt somit jene als Sieger zurück, die besser angepasst sind. Und das waren jene mit den ach so verpönten "Geschlechterrollen", welche Sieglinde und ihre Schwestern im Geiste unbedingt überwunden sehen wollen.
Deshalb kann eine Gesellschaft ihre Geschlechterrollen verändern, und umgekehrt verändert sich die Gesellschaft, sobald die Geschlechterrollen sich wandeln. Dies ist der Grund dafür, dass konservative Gesellschaften die Emanzipation der Frau ablehnen. Seit den 1970er Jahren hat sich in den Geisteswissenschaften die Unterscheidung von (biologischem) Geschlecht und (sozialem) Gender etabliert. Doch in letzter Zeit wird sie zusehends von biologischen, ja biologistischen Erklärungsmustern verdrängt, die unser Verhalten von Genen, Hormonen oder angeblich «fest verdrahteten» Hirnstrukturen gesteuert sehen.
Und sie sahen die Tatsachen und das Gefüge der Realität und klagten gar grässlich in ihrem Schmerz und in ihrer Trauer, denn es entsprach nicht dem, was sie voller Sehnsucht erwartet hatten. Nicht dem, was ihre Ideologie eine logische Basis geben könnte. Und in ihrer Verzweiflung sassen sie jahrelang herum und sinnierten über das Problem der fehlenden Kausalität ihrer Theorien. Doch dann sprang eine unter ihnen auf und hatte die Lösung gefunden! Wir biegen uns einfach die Realität so zurecht, wie es uns passt! Wir beschuldigen jene, welche die Realität akzeptieren als Biologisten, welche schrecklich frauenfeindlich sind und unsere Anliegen nicht respektieren und stellen uns selbst über die Natur und das Werk, welches unsere Vorfahren vor Millionen von Jahren für uns vollbracht haben.
Ein bisschen Marx hier und ein bisschen 68er da und wir fühlen uns alles und jedem überlegen. Wie war das noch mal? Ein kleiner Verstand ist schnell mit Glauben gefüllt! Wenn ihr das nächste Mal über die Einfältigkeit des mittelalterlichen Menschen klagt, dann denkt an Sieglinde und ihre Frauschaft, welche sich genauso an peinlichen Glaubensdogmen ihrer feministischen Wissenschaft wider der Realität klammern, wie der gottesfürchtige Mittelaltermensch.
Gern wird dabei auch auf Kleinkinder verwiesen. Ihre Vorlieben beim Spielen werden als Beweis für angeborenes Geschlechterverhalten genommen – in der Annahme, der Mensch befinde sich als Kind noch im Urzustand. Doch gerade Kinder sind dem Druck der Gruppe besonders stark ausgesetzt. Es gibt durchaus Buben, die mit Puppen spielen und gern rosarote Glitzersandalen tragen. Aber sobald sie auch nur den Schimmer einer Ahnung haben, dass sie damit bei den anderen Buben durchfallen könnten, lassen sie es bleiben. Denn das Geschlecht ist die elementarste Gruppenidentität. Gerade weil Kinder diese Identität noch nicht reflektieren können, «wissen» sie so genau, was richtige Buben und richtige Mädchen sind.
Und wenn man diese Identitäten reflektiert, kommt man dann automatisch zu der Meinung von Sieglinde? Oder muss man dazu noch einen Extrakurs politische Korrektheit und anschliessende Gehirnwäsche absolvieren? Warum ist es diesen Leuten so wichtig, mit was Kinder spielen? Dieses krankhaft manische Interesse widert mich an.
Sicherheit statt Freiheit
Die stärkste Kraft, die gegen die Gleichberechtigung arbeitet, sitzt in uns: Es ist die Angst um das eigene Selbst, das in der Geschlechtsidentität verwurzelt ist. Klar definierte Geschlechterrollen gewähren dem Individuum weniger Freiheit, dafür garantieren sie Sicherheit. Deshalb hören wir die Mär vom biologisch programmierten Verhalten so gern, obwohl sie Menschen, die auf eine gerechte Gesellschaft hoffen, eigentlich in die Verzweiflung stürzen müsste. Der «Spiegel» schreckt in seiner neusten Nummer nicht davor zurück, auf dem Titelbild John Grays alte Geschichte von den Marsmännchen und den Venusmädchen wieder aufleben zu lassen. Man begegnet im Heft den bekannten Argumenten (Männergehirne arbeiten in Systemen, Frauengehirne mit Empathie usw.). Nur gehört jetzt noch ein Bekenntnis dazu: Früher habe sie auch geglaubt, dass man nicht als Frau geboren, sondern zur Frau gemacht werde, beteuert eine Wissenschafterin, aber heute . . .
Jede Gesellschaft sieht sich selbst als die Gerechteste von allen. Moral und Ethik sind Einstellungssachen und hängen vom Zeitgeist ab. Lest einmal das alte Testament oder Berichte über mittelalterliche Hinrichtungspraktiken. Diese wurden zu ihrer Zeit mit dem jeweiligen Zeitgeist auch allesamt als "gerecht" empfunden. Somit ist die Gerechtigkeit, die Sieglinde anstrebt, lediglich eine mögliche Perspektive unter vielen und nicht allgemeingültig. Kommt noch dazu, dass ihre Vorstellung von Gerechtigkeit die andere (männliche) Hälfte der Menschheit nicht berücksichtigt.
Unsere biologischen Determinanten erlauben uns wesentlich mehr Freiheit als dieses neue einzwängende Rollenbündel, das man uns aufzwingen will. Warum lässt man die Menschen nicht einfach selbst wählen? Dann hätte man die Freiheit und die Sicherheit, dass man hinter seiner Wahl stehen kann.
«Mal sind es die Hormone, mal die Geruchsstoffe; mal der Jagdinstinkt, mal der Brutpflegetrieb. Mal ist es der Bonobo, in dem sich der Mensch wiederzuerkennen glaubt, mal der Storch», stellen dagegen die beiden österreichischen Journalistinnen Sibylle Hamann und Eva Linsinger in ihrem – etwas irreführend betitelten – «Weissbuch Frauen, Schwarzbuch Männer» (Deuticke-Verlag) sarkastisch fest. Kühl entziffern sie die Botschaft des neuen Geschlechter-Biologismus: «Dann tragen wir keine Verantwortung. Und könnten gar nichts ändern, selbst wenn wir wollten.»
"Weissbuch Frauen, Schwarbuch Männer", das hört sich schon wie ein literarisches Kaleidoskop voller misandrischer Wunschvorstellungen an. Hatten diese Menschen keinen Biologieunterricht? Lesen die keine naturwissenschaftlichen Bücher? Denkt ihr, dass ihr für euer Handeln keine Konsequenzen zu befürchten habt, nur weil biologische Mechanismen eure Taten beeinflussen? Es seid immer noch ihr und nicht die Gene, Proteine, Hormone, Triebe oder Reflexe, welche aus mehreren dagebotenen Möglichkeiten auswählt. Diese biologischen Elemente mögen eine bestimmte Bandbreite an Möglichkeiten vorgeben, aber ob und wie ihr diese nutzt, ist euch überlassen. Der Mensch zeichnet sich schliesslich gerade dadurch aus, dass er in begrenztem Masse gegen seine Natürlichkeit handeln kann.
Leute wie Sieglinde und diese Autorinen fallen vom einen Extrem (der absoluten Wahlfreiheit) sofort ins andere (biologischer, totalitärer Determinismus), ohne zu merken, dass beide ein Hirngespinst von idealisierenden Geisteswissenschaftlern sind und die Wahrheit sich zwischen diesen Polen bewegt.
Und genau das wünschen sich viele, denn das Projekt Gleichberechtigung ist, nachdem in den letzten dreissig Jahren ein enormer Weg zurückgelegt worden ist, in eine anstrengende Phase eingetreten. Welche sozialen Umstände uns daran hindern, so gleichberechtigt zu leben, wie wir es eigentlich wollen, zeigen Hamann und Linsinger in geduldiger (und humorvoller) soziologischer Kleinarbeit. Warum finden sich so wenige Frauen in Führungspositionen, obwohl sie durchschnittlich besser qualifiziert sind? Es liegt an den Männern, denn in der Regel sind sie es nun einmal, die über Beförderungen entscheiden; und da jeder Mensch unbewusst die Person bevorzugt, die ihm am ähnlichsten ist, heben sie ihre Geschlechtsgenossen in die Chefetage. Und es liegt an den Frauen, denn sie trauen sich mangels Rollenvorbildern Führungsqualitäten oft nicht zu; da sie sich keine Erfolgschancen ausrechnen, setzen sie auch nicht alles daran, in die Direktion aufzusteigen.
Natürlich, der Mann ist an allem schuld! Dafür muss ich jedoch kein Buch lesen, denn das höre ich pro Jahr durchschnittlich eintausend Mal von Feministinnen. Gender Studies und mit ihr die Soziologie ist jene Disziplin, die es ihren Betreibern ermöglicht, die Verantwortung für alle Probleme und Schwierigkeiten, welche Frauen heutzutage begegnen, irgendwie den Männern in die Schuhe zu schieben. Alleine deswegen kann man diese "Wissenschaften" nicht ernst nehmen.
Denn es ist wie bei einer Sekte: Wenn die dargelegte Lösung für all die grossen Weltprobleme schön einfach und simpel klingt, dann ist grösste Vorsicht angebracht.
Es spielt aber auch eine Rolle, dass Frauen ab dreissig als «Gebär-Risiko» und mit Anfang vierzig als zu alt für eine Topkarriere gelten. In der Politik kommen Frauen vor allem in Krisenzeiten zum Zug – denn wer nicht an der Macht beteiligt war, ist im Krisenfall auch nicht diskreditiert. Aber wenn alles normal läuft, bleiben Männer lieber unter sich. Und warum funktioniert die Gleichberechtigung im Haushalt nicht? Weil man in Stresssituationen auf bewährte Muster zurückgreift und weil viele Frauen sich das Recht nicht nehmen lassen wollen, (zumindest) im Haushalt zu sagen, wo's langgeht.
Zuerst leugnen diese Alphamädchen die menschliche Biologie, doch die offensichtlichen Pfeiler derselben, welche sich in jedem Männer- oder Frauenleben befinden, können nicht übersehen geschweige denn umschifft werden. Denn alle Gendereiversuche prallen notgedrungenermassen an ihnen ab ...
Entpolitisiertes Entertainment
Doch solche Argumente sind derzeit nicht gefragt. Hamann und Linsinger sind keine Talkshow-Gäste, und auch aus den USA dringt ein hilfreicher Diskurs kaum zu uns herüber. In einer Reportage im «New Yorker» über «equally shared parenting» kommt die Autorin zu dem Schluss, dass Paare die Haushaltsarbeiten desto gerechter aufteilen, je gerechter es bei ihren Freunden zugeht. Man schaut es sich ab, und Vorbilder erhöhen den Druck. Doch statt die diskutablen Vorschläge zu diskutieren, wird der Feminismus für tot erklärt, und die Debatte verkommt zum entpolitisierten Entertainment. Gegen Eva Hermans tumbe Heimchen-am-Herd-Seligkeit liess sich so schön polemisieren; und der Schlagabtausch zwischen den «Alphamädchen» und Alice Schwarzer war ein Spektakel für alle, die sich auf die Schenkel klopfen, wenn die Weiber aufeinander losgehen.
Vielleicht sind solche soziologistischen Argumente deswegen nicht gefragt, weil sie schlichtweg keine sind? Wusste ich doch, dass alle peinlichen Beschuldigungen gegen Eva Herman polemischer Natur wahren. Wenn es sogar eine Feministin selbst zugibt, dann muss es ja schliesslich wohl stimmen. Und dieser "Schlagabtausch" war wohl der übelste, öffentlich ausgetragene Zickenkrieg, den ich bisher mitbekommen habe. Beschämender kann man feministische Stutenbissigkeit nicht zur Schau stellen.
Unter Vätern tut sich etwas
Der Geschlechterdiskurs verliert leicht den Bezug zur Wirklichkeit und kolportiert Gerüchte. Dabei wird die Welt meist schlechter dargestellt, als sie ist. Gerade bei den Männern tut sich in letzter Zeit einiges, was nicht in der Zeitung steht. Es gibt eine Hinwendung der Väter zu ihren Kindern, die historisch einmalig sein dürfte; und eine neue, pragmatische Männerbewegung gibt's auch. Zu den Forderungen, die etwa der Dachverband der Schweizerischen Männerorganisationen auf seiner Website (www.maenner.ch) formuliert, gehören flexible Arbeitszeiten auch für Kader sowie Teilzeitstellen für Männer. Man engagiert sich in Sorgerechtsfragen und will den «Militärzwang» abschaffen; und man will dafür sorgen, dass in Kindergärten auch Männer arbeiten.
Der Geschlechterdiskurs verliert scheinbar immer leicht den Bezug zur Wirklichkeit wenn er nicht mit feministischer Dominanz geführt wird. Und dieses Mädchen hat keine Ahnung, was sich unter uns Männern zusammenbraut. Wir haben es satt, dass die politische Debatte über Männer und Frauen von Feministinnen wie sie dominiert wird! Aber immerhin erwähnt sie die Männerbewegung, wenn auch lediglich einen Bruchtteil ihrer Forderungen.
Gerade jedoch, wenn es um die Situation der Männer geht, werden elementare Konflikte in der Debatte ausgeblendet: Kaum jemand spricht etwa von der Zerreissprobe, der viele eingewanderte Männer aus patriarchalischen Gesellschaften bezüglich ihrer Geschlechtsidentität ausgesetzt sind. Auch den einheimischen Männern wird die Emanzipation schwergemacht. Sie brauchen Mut, um nach der Geburt eines Kindes um eine Arbeitszeitreduktion nachzusuchen, denn in der Arbeitswelt gilt ein Familienvater oft noch als «Ernährer». «Mommy track», so nennt man in Amerika das Mütter-Abstellgleis der schlechtbezahlten Teilzeitstellen ohne Aufstiegschancen. Seit einiger Zeit gibt es auch den «daddy track» – eine Bloggerin auf der Website der «Washington Post» hofft immerhin, dass das Kürzertreten bei der Arbeit an Prestige gewinne, wenn es auch unter Vätern üblich werde.
Sind es nicht gerade die jungen Mütter, welche den Vater dazu zwingen mehr und mehr zu arbeiten um der Familie Geld zur Verfügung zu stellen? Dieser Artikel beschreibt die Problematik schön. Denn es sind gerade die Frauen, welche einen Mann unter massiven Druck stellen, mehr und mehr zu verdienen. Schliesslich geben sie bei anderen Frauen mit dem Lohn ihres Ehemannes und seines Besitzes an ...
Für mich hört sich dieser Artikel wie ein verzweifelter Hilferuf in die Presselandschaft hinaus an, aufgrund einer sich abzeichnenden Diskursniederlage. Wovor soll ich noch Angst haben, wenn Perseus mich führt?