In der Weltwoche-Ausgabe vom 20. Januar gab es einen vorbildlich antifeministischen Artikel mit einigen sehr guten Forderungen zur dringend nötigen Reformierung des schweizerischen Scheidungsrechts. Nächsten Donnerstag wird die Weltwoche übrigens über unsere Frauenhausaktion berichten!
Seit unserem (mittlerweile geklärten) kleinen Zwischenfall vor einiger Zeit mit der Weltwoche, haben wir bei denen ein Stein im Brett. Libertäre Kräfte müssen schliesslich zusammenhalten.
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Kommentar
Bis aufs letzte Hemd
Simonetta Sommaruga will Geschiedene bis unters Existenzminimum drücken. Das Gegenteil wäre richtig. Moderne Frauen brauchen keine Alimente, sie können arbeiten.
Von Alex Baur
Noch nicht einmal hundert Tage im Amt, steigt Justizministerin Simonetta Sommaruga (SP) mit Wucht in den Geschlechterkampf ein. Ginge es nach ihrem Willen, sollten geschiedene Partner künftig sogar zu Unterhaltszahlungen verpflichtet werden können, die ihr Auskommen unters gesetzliche Existenzminimum drücken. An sich ist die Vorlage geschlechterneutral formuliert, in der Praxis werden es vor allem die geschiedenen Männer sein, die bezahlen und die Frauen kassieren. Als Trostpflästerli bekommt der Mann dafür bei der Erziehung etwas mehr Mitsprache.
Das Existenzminimum ist in der Schweiz keine feste Grösse, es wird in jedem Kanton etwas anders definiert. Das ist vernünftig, schliesslich sind die Lebenskosten nicht überall gleich. Über den Daumen gepeilt, gilt ein Bruttoeinkommen von monatlich rund 3000 Franken für Alleinstehende als unantastbar. Am besten sind in der Regel Fürsorgeempfänger gestellt, säumige Schuldner müssen tendenziell mit etwas weniger auskommen. Geschiedene Männer stehen heute irgendwo in der Mitte. Neu sollen sie in der nach unten offenen Hackordnung zuunterst stehen.
Seit Jahren versuchen Feministinnen und Feministen diesen letzten Schutz zu schleifen. Nach ihrer Meinung soll der Mann Sozialhilfe beantragen, wenn er die Unterhaltspflichten nicht mehr erfüllen kann. Nach heutiger Regelung muss die Frau in diesem Fall den Antrag auf Unterstützung stellen. Das ist insofern relevant, als Fürsorgegelder theoretisch zurückbezahlt werden müssen, wenn sich, etwa durch ein Erbe, die finanziellen Verhältnisse verbessern. Die Argumentation mag auf den ersten Blick sogar einleuchten. Doch die Folgen wären fatal. Denn damit ginge für viele geschiedene Frauen der letzte Anreiz verloren, selber für ihren Lebensunterhalt aufzukommen.
Sommarugas Vorstoss steht im Widerspruch zu den gesellschaftlichen Entwicklungen. Die autonome Berufsfrau, die ihr Leben selber finanziert, ist längst der Regelfall. Doch im Zuge einer Trennung mutiert die Frau unverhofft wieder zum Huscheli, das ohne den Lohn des Mannes nicht leben kann, die meiste Zeit am Herd steht und sich, sofern vorhanden, vollberuflich der Aufzucht des Nachwuchses widmet. Werktätige Erziehende, Tagesmütter, Krippen und Horte werden von der Regel zur fakultativen Ausnahme.
Der Gesetzgeber versuchte die Widersprüche durch geschlechtsneutrale Formulierungen zu verwedeln. Der Partner, der mehr verdient und das ist gerade bei den heute verbreiteten binationalen Ehen öfters auch mal die Frau –, hat nach der Trennung den finanziell Schlechtergestellten grundsätzlich zu unterstützen. Die Schuldfrage wird nach geltendem Recht bekanntlich ausgeklammert. Das erspart dem Richter zwar unangenehme Entscheidungen, führt in der Praxis aber immer wieder zu stossenden Resultaten. Auch Frauen riskieren heute, einen Schmarotzer, der sie vielleicht der schönsten Jahre beraubt, sie belogen und ausgenützt hat, nach der Trennung weiter finanzieren zu müssen.
Überhaupt keine Alimente mehr
Der bekannte Zürcher Scheidungsanwalt Renzo Guzzi postuliert deshalb aufgrund seiner reichen Erfahrung eine radikale Vereinfachung des Scheidungsrechtes, die sich auf drei Punkte reduzieren lässt:
1 — Nach der Scheidung hat grundsätzlich kein Partner mehr etwas vom anderen zugut, jeder bekommt zurück, was er eigenhändig erwirtschaftet hat. Begründung: Zumal die Schuldfrage offenbleibt, würde viel Unfrieden, Frustration, aber auch nutzloser akademischer Aufwand vermieden.
2 — Die Alimente für die Kinder werden auf ein Minimum reduziert oder ganz gestrichen. Begründung: Kinder sind keine Unbilden, sondern eine Bereicherung; ihre Erziehung kostet zwar, doch wer sie zugesprochen bekommt, hat auch ein Privileg. Wenn die Kinderbetreuung kein Geschäft mehr ist, erübrigen sich die meisten Streitigkeiten ums Sorgerecht, unter denen die Kinder am meisten leiden.
3 — Wer die Scheidung einreicht, soll die Kosten für das Verfahren tragen. Begründung: Heute werden die meisten Scheidungen von Frauen eingereicht, weil sie in der Regel auch am meisten davon profitieren; die Kostenwahrheit würde für Entspannung sorgen.
Guzzis Vorschläge würden Scheidungen nicht nur radikal vereinfachen und verbilligen. Sie würden auch viele Ungerechtigkeiten eliminieren, die mit der Verrechtlichung der Ehe künstlich geschaffen wurden. Heiraten und Kinderkriegen könnte damit für Paare wieder zu einer verlockenderen Option werden.
Das Eheversprechen ist aus männlicher Sicht vergleichbar mit einer Kletterpartie ohne Seil: für Hasardeure eine reizvolle Herausforderung, dem Durchschnittsbürger nur mit Vorbehalt zu empfehlen. Bei einem Fehltritt droht die Vernichtung. Bei solchen Aussichten darf man sich nicht wundern, wenn viele Schweizer Männer, sofern sie überhaupt noch heiraten, der heimischen Emanze eine Exotin vorziehen, die sie vor dem potenziellen Ruin wenigstens noch bekocht. Eine wachsende Zahl von Singlefrauen lässt sich derweil, entnervt vom ewigen Warten, auch mal mit einem dahergelaufenen Prinzen ein, der sein wahres Gesicht bisweilen erst nach Erhalt der C-Bewilligung offenbart. Das ist die Kehrseite des Geschlechterkampfs, bei dem es, abgesehen von einigen Profiteuren, unter dem Strich nur Verlierer gibt.
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